Alternative Desinfektionsmittel – Beschaffung, Herstellung & Anwendung
Im Falle von längeren Versorgungsengpässen sind bestimmte Produkte besonders wichtig. Das gilt ganz speziell für Gesundheitsprodukte, gerade während einer Pandemie wie Covid-19. Zu den absolut unentbehrlichen Substanzen gehören Desinfektionsmittel, um die Ausbreitung von Keimen wie Corona einzudämmen.
Doch was, wenn Sie diese gerade nicht kaufen können? Gibt es Alternativen, die im eigenen Haushalt hergestellt und eingesetzt werden können? Ist das überhaupt sinnvoll? Welche Stoffe eignen sich und welche Risiken gilt es dabei zu beachten?
Wann werden alternative Desinfektionsmittel nötig?
Ein echter Engpass, der die Herstellung von Desinfektionsmitteln in Eigenregie notwendig werden lässt, ist extrem unwahrscheinlich. Realistisch sind lediglich kurzfristige Lieferschwierigkeiten, zum Beispiel im Fall von Pandemien wie Corona, terroristischen oder kriegerischen Ereignissen, Naturkatastrophen oder Cyberattacken. Problematisch ist eher ein „gefühlter Mangel“, wie wir ihn durch Hamsterkäufe zu Zeiten von Corona erleben. Doch auch unter diesen Umständen ist Desinfektionsmittel vor allem für medizinisches Personal, weniger für Privathaushalte essenziell. Einzig für Personen, die aus gesundheitlichen Gründen auf Desinfektion angewiesen sind – beispielsweise aufgrund von Organtransplantationen, HIV, Krebsbehandlungen oder chronischen Erkrankungen -, sind sie unverzichtbar. Sollten Sie zu einer dieser Risikogruppen gehören, macht es Sinn, sich im Vorfeld mit Ihrem behandelnden Arzt zu beraten.
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No-Gos: Risiken und Anwendungsbeschränkungen
Generell ist kein selbst hergestelltes Desinfektionsmittel wirklich dazu geeignet, auf oder in offenen Wunden angewendet zu werden. Es gibt gute Gründe dafür, dass medizinische Präparate lange und aufwendige Testreihen bestehen müssen, bis sie eingesetzt werden dürfen. Denn was giftig für Keime ist, ist in höheren Konzentrationen zumeist auch giftig oder zumindest schädlich für andere Lebewesen, inklusive Menschen. Von selbst erzeugten Mitteln können einige Gefahren ausgehen, weshalb ihr Einsatz nur unter sehr speziellen Bedingungen stattfinden darf. Unterschieden werden muss auch zwischen der Desinfektion von Haut oder Schleimhaut und der Desinfektion von Flächen. Vor allem schärfere und konzentriertere Präparate dürfen nur auf Flächen eingesetzt werden und auch das nur bei ausreichender Lüftung. Die Aufbewahrung – auch von einzelnen Komponenten – muss sicher vor Kindern und Haustieren erfolgen.
Sowohl gekaufte als auch selbst hergestellte Produkte sollten so selten wie möglich verwendet werden. Häufige Nutzung kann die Haut austrocknen, deren Säurebarriere stören und im schlimmsten Fall zu Ekzemen führen. Ein Einsatz sollte daher immer mit medizinischem Personal abgesprochen werden. Im normalen Alltag – auch während der Covid-19-Pandemie – ist gründliches Händewaschen die schonendere Alternative. Nicht zuletzt ist der massenhafte Einsatz von Desinfektionsmitteln außerhalb medizinischer Einrichtungen auch problematisch für die Umwelt. Welche Substanzen grundsätzlich eingesetzt werden können, erfahren Sie im Folgenden.
Alternativen
Peroxid
Peroxid, kurz für Wasserstoffperoxid, wurde im 19. Jahrhundert entdeckt und aufgrund seiner Eigenschaften für verschiedene industrielle Zwecke genutzt. Es handelt sich um ein extrem starkes Oxidationsmittel, weshalb es sowohl ätzend als auch bleichend und desinfizierend wirkt. Konzentriertes Wasserstoffperoxid verursacht schwere Verletzungen, wenn es auf die Haut gelangt – besonders perfide ist dabei das verzögerte Auftreten von Schmerzen und sichtbaren Schäden. Noch gefährlicher ist es als Dampf, da es die Lungen verätzt. Wenn Sie mit Wasserstoffperoxid arbeiten, darf dies ausschließlich an der frischen Luft geschehen. Dabei müssen Atemmaske, lange, dichte Kleidung, Handschuhe und eine Schutzbrille getragen werden. Um ein geeignetes Desinfektionsmittel herzustellen, können Sie Wasserstoffperoxid mit 30 % in der Apotheke kaufen und dann verdünnen. Für die Anwendung auf der intakten Haut muss Wasserstoffperoxid auf 1,5 Prozent verdünnt werden. Für die Sterilisation von Flächen dürfen Lösungen mit 3-6 Prozent verwendet werden – dabei sollten Sie jedoch gründlich lüften! (1) (2)
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Alkohole
Bakterien, mehr aber noch Viren wie der Auslöser von Covid-19 reagieren außerordentlich empfindlich auf einige Alkohole in höheren Konzentrationen. Dazu zählt auch Ethanol, das umgangssprachlich als „Alkohol“ bezeichnet wird. Das heißt nun natürlich nicht, dass Sie alkoholische Getränke in rauen Mengen konsumieren sollten – das schadet Ihnen deutlich mehr als den Keimen. Doch insbesondere Flächen und zur Not auch Haut können mit Alkohol desinfiziert werden. Dazu sollte allerdings Alkohol aus der Apotheke mit 60-70 Prozent verwendet werden. Höhere Konzentrationen zeigen kein besseres Ergebnis, da sie nicht ausreichend von Keimen aufgenommen werden. Alternativ kann anstelle von Ethanol auch Propanol als Basis genutzt werden, es ist ebenfalls in der Apotheke erhältlich. (3) (4)
Das Sterilisieren von Flächen mit Spirituosen wie Wodka hingegen zeigt nur teilweise Wirkung, weil die Alkoholkonzentration deutlich niedriger ist. Andere alkoholhaltige Getränke enthalten zudem viele Zusatzstoffe wie etwa Zucker, die den Einsatz aus hygienischer Sicht eher kontraproduktiv machen. Alkohol hat die Wirkung, die Haut auszutrocknen, und darf keinesfalls in die Augen geraten, da er Verletzungen verursachen kann. Außerdem müssen Sie ihn aufgrund der leichten Entflammbarkeit von allen Hitzequellen – also auch Leitungen, Herd, Heizung, direkter Soneneinstrahlung und natürlich offenem Feuer – fernhalten. Ansonsten drohen schwere Brände und sogar Explosionen.
Ätherische Öle
Ätherische Öle werden schon seit der Antike für medizinische Zwecke eingesetzt. Einer der Gründe ist, dass sie Pflanzen zur Abwehr von Keimen dienen und diesen Zweck auch für Menschen erfüllen können. Dabei wirken einige Öle eher gegen Pilze, andere gegen Bakterien oder Viren – und manche sind regelrechte Alleskönner. Zu ihnen zählen beispielsweise Lavendel, Thymian, Nelke und insbesondere Teebaumöl. Letzteres wird immer wieder in medizinischen Studien und Pilotprojekten eingesetzt, weil es unter Umständen auch gegen die gefährlichen multiresistenten Keime Wirkung zeigt. Private Nutzer berichten immer wieder von guten Ergebnissen im Einsatz gegen Akne und andere entzündliche Erkrankungen. Die medizinische Wirkung wurde zwar bislang in einigen kleinen Studien bestätigt, insgesamt ist die Studienlage jedoch noch nicht gut genug, um beweiskräftig zu sein. (5) (6) (7) (8)
Allerdings gilt es dabei zu beachten, dass ätherische Öle extrem reizend wirken. Deshalb dürfen sie nicht unverdünnt auf der Haut angewendet werden und niemals in die Augen oder auf andere Schleimhäute gelangen. Sie sollten daher immer auf 1-5 Prozent verdünnt werden. Vor der Nutzung sollte die Anwendung auf einer kleinen Hautstelle getestet werden, da es zu Reizungen und Allergien kommen kann. Dieses Vorgehen empfiehlt sich für alle ätherischen Öle. Für die Flächendesinfektion sind ätherische Öle insgesamt eher weniger geeignet. Zudem sollte bei allen Substanzen dieser Art deren leichte Entflammbarkeit beachtet werden. Personen mit Allergien oder Vorschädigungen der Atemwege müssen sich immer erst mit dem behandelnden Arzt beraten, um auszuschließen, dass es zu einer Verschlimmerung kommt. (9)
Fazit
Quellen
(1) https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=wasserstoffperoxid
(2) https://d-nb.info/969833989/34
(4) https://www.allgemeinarzt-online.de/berufspolitik/a/was-alkohole-koennen-1771801
(5) https://www.smarticular.net/das-richtige-aetherische-oel-fuer-jeden-zweck/
(7)
Karl F. Haug Verlag, in MVH Medizinverlage Heidelberg GmbH & Co. KG
Antibakterielle Wirkung von Australischem Teebaumöl gegen verschiedene Pseudomonaden
U. Landvatter , R. Saller , J. Reichling, 2001, DOI: 10.1055/s-2001-15777
(8) Zimmermann, Eliane, Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe, Von der Flasche unter die Haut: Die therapeutische Anwendung ätherischer Öle, 3 Grundlagen der Wirkung ätherischer Öle im menschlichen Organismus (II), 2008, ISBN: 978-3132192911, DOI: 10.1055/b-0037-148226
(9) https://mobil.bfr.bund.de/cm/343/verwendung_von_unverduenntem_teebaumoel_als_kosmetisches_mittel.pdf
Bildquellen
- Alternative Desinfektionsmittel: Pixabay: Kreuz_und_Quer
- corona Immunsystem: Pixabay: iXimus
- Stressbewältigung in der Corona Krise: Pixabay: geralt